Tracking und Datenschutz – die Schreckensgeschichten des Internets

Die Benutzer des Internets kann man, wenn man es zynisch sieht, in zwei Gruppen einteilen: Paranoide und Menschen mit Privatsphären-Tourrette. Natürlich ist das überspitzt und es gibt viele Nuancen dazwischen, aber beide Tendenzen sind auf jeden Fall vorhanden.

Ich persönlich sehe mich eher in der Hälfte der offenen Menschen, die Privatsphäre etwas differenzierter definieren als andere. Davon kann man nun halten was man will – ich denke aber, dass jeder so glücklich werden soll, wie er das für richtig hält. Nun befinden wir uns aber im Internet, welches eine extrem große Reichweite bietet, aber nie vergisst. Und da ist es für meine Fraktion ab und zu nicht so leicht zu unterscheiden, ob man nun etwas öffentlich machen soll oder nicht. Aber immerhin hat man darüber noch die Kontrolle.

Anders sieht es jedoch mit den Informationen aus, die Benutzer ohne ihr wissen hinterlassen. Hier kommen wir nämlich zum sog. Tracking. Dabei wird versucht, Benutzer eindeutig zu identifizieren – aber nicht mit Adresse und Telefonnummer. Es geht nur darum, zu erkennen, was ein und die selbe Person auf einer Seite so macht. Denn als Seitenbetreiber bzw. als Anbieter einer Online-Plattform will und muss man teilweise wissen, wie einzelne Klickpfade aussehen – also die Wege, die Benutzer auf den eigenen Seiten gehen. Das mag erstmal nach Spionage klingen, ist es aber nicht. Wobei dies natürlich eine Frage des Standpunktes ist.

Doch welche Intentionen hat denn der Seitenbetreiber? Nehmen wir mal zwei Beispiele: Ein Betreiber eines Blogs und ein Affiliate Netzwerk. Für alle, die nicht wissen was letzteres ist: Affiliate Links bieten die Möglichkeit, dass man z.B. Onlineshops oder bestimmte Produkte seinen Lesern oder Freunden empfiehlt und dafür eine kleine Belohnung von einigen Cent oder auch einigen Euros bekommt. Affiliate Netzwerke dienen als Treffpunkt für beide Parteien. Aber dazu später mehr.

Kommen wir erst einmal zum Blogbetreiber. Der schreibt munter vor sich hin, sucht sich verschiedene Themen und versucht so, eine möglichst große Reichweite zu bekommen. Denn sind wir mal ehrlich, so hat jeder Blogger ein kleines Ego und jeder Leser ist Balsam dafür. Nur leider hat er ein Problem: er ist blind. Er kann nun zwar anhand von Kommentaren und Verlinkungen erkennen, ob seine Texte gut sind und vor allem ob sie auch gefunden werden, oder ob dem nicht so ist. Sprechen wir von einem Blogger, der sein Hobby zum Beruf gemacht hat, so muss er seinen Werbekunden auch irgendwie zeigen können, dass jemand seinen Blog liest. Und hier kommt das Tracking ins Spiel. Man kann damit darstellen, woher die Besucher kamen, welche Suchbegriffe sie in Suchmaschinen verwendet haben um einen Beitrag zu finden, wie lange sie da geblieben sind und ob sie schon einmal da waren.

Das mögen auf den ersten Blick nicht notwendige Daten sein – was sicher der Fall ist. Aber für den Blogbetreiber sagen sie viel aus: Habe ich viele Stammleser oder kommen die meisten nur einmal vorbei? Welche meiner Artikel erreichen viele Menschen, bei welchen geht so gut wie gar nichts? Nach was suchen Menschen, die mich finden? Den Blogbetreiber interessieren an dieser Stelle keine einzelnen Nutzer. Für ihn ist einfach eine Auswertung über alle hinweg interessant. Sicher könnte er auch ohne ein Tracking auskommen, aber dann ist der Blog mehr oder weniger ein Blindflug. Sofern, wie erwähnt, Werbekunden mit im Spiel sind, hat man dann ein ernstes Problem.

War das Tracking im Blog noch eher ein sehr positives, aber dennoch optionales Feature, so gibt es Anwendungen im Internet, die auf derartige Technologien einfach angewiesen sind. Möchte man sich im Affiliate Geschäft betätigen, so haben beide Seiten ein Problem: ich als Seitenbetreiber muss irgendwie beweisen, dass ich Leute zum beworbenen Angebot geleitet habe, der Werbepartner muss prüfen, ob denn durch die Empfehlung auch ein Kauf erfolgt ist. Man könnte das nun auf reiner Vertrauensbasis durchziehen, aber leider sind nunmal nicht alle Menschen ehrlich und so erübrigt sich diese Option. Mittels Tracking durch das Affiliate Netzwerk z.B. stellt dies aber kein Problem mehr dar. Sowohl der erste Klick des Besuchers als auch der evtl. daraus resultierende Verkauf sind messbar. Hier ist es absolut notwendig, die Daten auf den einzelnen Benutzer heruntergebrochen zu bekommen. Dabei ist aber völlig uninteressant, wer die Person eigentlich ist. Es geht nur darum zu sehen, ob eine Person auf den Affiliate Link geklickt und anschließend auch wirklich gekauft hat. An dieser Stelle wird übrigens meistens einfach ein Cookie verwendet, da dies die beste Zuordnung ermöglicht. Leider ist das Cookie aber auch sehr schnell durch den User gelöscht.

Zwei einfache Beispiele, jedoch zeigen sie einigermaßen, worauf ich hinaus will: es gibt gute Gründe, warum Benutzertracking nichts böses sein muss. Natürlich wird es, wie so oft im Leben, auch schwarze Schafe geben – aber wollen wir deshalb auf alles positive verzichten?

Nach diesen Zeilen wird es sicher bereits bei den Paranoiden brodeln – sie sehen ihre Privatsphäre verletzt und wollen aus Prinzip nicht, dass jemand sieht, was sie tun. Das ist ein zu respektierendes Recht, jedoch muss man eine große Einschränkung vornehmen: Das Internet, so wie wir es derzeit kennen, ist nicht kostenlos. Es erscheint auf den ersten Blick so, aber bezahlen müssen wir trotzdem. Nur die Währung ist eine andere. Denn aus Sicht eines Werbers ist das Netz die beste Erfindung nach der Werbung selbst. Hat man bei allen anderen Medien keinerlei Möglichkeiten der Rückmeldung, ob eine Anzeige gut ankommt bzw. wirkt, so hat man hier beim einzigen Medium eine direkte Rückmeldung. Man kann Werbung auf einzelne Personen zuschneiden und so die Reichweite erhöhen. Aber leider ist Werbung in unserer Gesellschaft sehr negativ belastet und wird eher als lästig denn förderlich bewertet.

Nun stehen wir vor dem Dilemma, dass wir einerseits möglichst alles kostenlos haben wollen, andererseits aber auch nichts kostenlos ist. Betreibt man einen Blog oder ein Newsportal, dann kostet dies zunächst erstmal Geld. Je nach angepeilter Anzahl von Benutzern variiert dieser Preis von sehr günstig bis sehr teuer. Hätten wir den Sozialismus dann wäre das kein Problem, aber da wir in der Marktwirtschaft leben muss dieses Geld irgendwo her kommen. Kann der kleine Blogbetreiber seine Tätigkeit noch als Hobby verbuchen und dafür monatlich einen kleinen Betrag investieren, so haben Seiten wie z.B. der Spiegel, Golem, Engadget usw. ordentlich an Ausgaben zu begleichen. Da niemand einen derartigen Aufwand als Minusgeschäft hinnimmt, wird Werbung geschalten.

Warum schreibe ich das alles? Ich möchte meine Leser einfach darauf hinweisen, dass sie sich ihrer Privatsphäre bewusst werden sollen – es aber auch nicht übertreiben sollen. So lange wir munter mittels des Swift-Abkommens sämtliche Kontenbewegungen an die USA übertragen, so lange selbst die Internetseiten von Datenschützern nicht einmal ihre eigenen Regeln befolgen, so lange Politiker vom Radiergummi fürs Internet schwärmen, ja so lange sollten alle mal die Füße still halten und sich vielleicht mal auf wirklich wichtige Probleme konzentrieren. Übrigens: die Informationen, die man so beim Tracking verwendet: die IP Adresse bzw. die daraus gewonnenen Geo-Daten, installierte Plugins im Browser, evtl. das Betriebssystem und den Browser selbst, Monitorauflösung…Es gibt sicher schützenswertere Daten.